Die Bewegungsformen (Poomse)

Einleitung

Dem Taekwondo liegen festgelegte Bewegungsabläufe (Poomse) zugrunde, die ein wesentlicher Bestandteil bei Prüfungen sind. Eine Poomse ist, vereinfacht gesagt, ein Kampf gegen einen oder mehrere imaginäre Gegner. Sie dient nicht nur dem Erlernen von Grundtechniken, sondern bildet auch die Grundlage für den Freikampf und die Selbstverteidigung.

Aus diesem Grund sollte eine Bewegungsform auch tatsächlich mit der nötigen Konzentration und den körperlich-physikalischen Einsatzmöglichkeiten wie z. B. Körperspannung, Kraftimpuls, Gleichgewicht und Atmungskontrolle gelaufen werden. Dadurch wird nicht nur beim Ausführenden, sondern auch beim Betrachter der Eindruck eines Kampfes erweckt. Nicht zuletzt ist die Poomse auch ein Kampf gegen sich selbst, da mit mangelnder Konzentration oder nicht genügenden körperlichen Einsatzmöglichkeiten der Kampf von vornherein als verloren anzusehen ist.

In früheren Zeiten war in Korea das Tragen von Waffen und das Erlernen von Kampftechniken nur den Angehörigen des Adels oder den Vasallen der einzelnen militärischen Machthabern gestattet. Die „niederen“ Gesellschaftsschichten (Bauern, Tagelöhner, Handwerker etc.) genossen keinen – oder nur einen unzureichenden – Schutz von Seiten der Gerichtsbarkeit. Der Wunsch und die Notwendigkeit, sich selbst und seine Familie zu verteidigen, motivierte viele einfache Menschen, waffenlose Kampfkunstsysteme zu entwickeln.

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden viele verschiedene Kampfkünste, die von ihren Entwicklern oft nur an die eigenen Kinder weitergegeben wurden. Weil meist keine entsprechenden Trainingspartner vorhanden waren, aber auch um Verletzungen zu vermeiden, wurden die einzelnen Techniken oftmals in Form von „Trockenübungen“ durchgeführt. Daraus sind dann im Laufe der Zeit spezielle Techniken entwickelt worden, die alle den Charakter des Kampfes (Verteidigungs- und/oder Angriffskampf) hatten und einen – je nach Stil – differenzierten Bewegungsablauf aufwiesen. Später wurden die unterschiedlichen Kampfkunstarten zu einzelnen Systeme zusammengefasst und fanden eine große Verbreitung.

Besonders der Verteidigungsaspekt (Hosinsul) ist auch heute noch in der Poomse erkennbar. So beginnt keine Form mit einer Angriffstechnik, sondern immer mit einer Abwehr (Blocktechnik). Dies unterstreicht den defensiven Charakter von Taekwondo und allen anderen asiatischen Kampfkünsten, die außerdem sehr eng mit der fernöstlichen Philosophie verbunden sind. Taekwondo ist geprägt von der Tiefe dieser Denkweise und deren Betrachtung über Erde, Kosmos und Leben. Ein wichtiger Begriff innerhalb dieser Philosophie ist das TAEGUK. Das chinesische Schriftzeichen für TAE bedeutet Größe – das für GUK Ewigkeit. Die große Ewigkeit, das Taeguk, hat weder Anfang noch Ende. Dennoch ist das Taeguk der Ursprung allen Seins, da es etwas vom Wesensgehalt aller Dinge in sich birgt.

Die Gedanken und Betrachtungsweisen über Taeguk sind in der Grundidee des „Juyok“ enthalten. Dieses „Buch der Wandlungen“ (chinesisch „I – Ging“) ist ein führendes Buch über die fernöstliche Philosophie. Aus Taeguk wurden acht Grundphänomene philosophischer Ideen entwickelt, von denen jede durch eine entsprechende chinesische Bezeichnung repräsentiert wird.

Die Taeguk-Bewegungsformen (Poomse) basieren auf diesen acht Grundphänomenen, wobei die Bewegungsrichtungen dieser Formen durch je ein Symbol repräsentiert wird, auf deren Linien man sich bewegt. Dies ist das Diagramm der jeweiligen Form!

Was ist Poomse?

Poomse ist die grundlegende Bewegungsform im Taekwondo.

Die einer Form (Poomse) zugrunde liegenden Bewegungsabläufe verkörpern entweder Verteidigungs- oder Angriffstechniken und werden nach einem festgelegten logischen Schema ausgeführt.

Durch die Ausführung einer Poomse setzt sich der Übende systematisch mit mehreren imaginären Gegnern auseinander und benutzt dabei die der jeweiligen Form zugrunde liegenden Abwehr- und Verteidigungstechniken aus verschiedenen Stellungen.

Durch das Trainieren von Übungsformen (Poomse) wird es dem Übenden möglich gemacht, nacheinander viele Grundbewegungen auszuführen, eine größere Flexibilität zu erreichen, Muskel- und Atemkontrolle zu verbessern, Gleichgewichtsverlagerungen zu üben, Bewegungsabläufe in flüssiger und geschmeidiger Form zu erlernen sowie Körperbewegungen in rhythmischer Art und Weise auszuführen.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Ausübung von Bewegungsabläufen alle Formen der grundlegenden koordinativen Fähigkeiten beinhaltet.

Folgende Punkte sollten bei der Ausübung von Bewegungsformen beachtet werden:

  • Die Form (Poomse) muss an der gleichen Stelle zu Ende geführt werden, an der sie begonnen wurde. Dadurch wird die präzise Ausführung der einzelnen Techniken, in Relation zur Gesamtform, demonstriert.
  • Die der jeweiligen Poomse zugrunde liegende Körperhaltung und Blickrichtung muss durchgehend gewahrt bleiben.
  • Während des Ausführens von Bewegungsabläufen sollte die Muskulatur entweder angespannt oder entspannt sein (Körperspannungsintervall).
  • Die Form muss in rhythmischen Bewegungen und möglichst flüssig ausgeführt werden. Eine Steifheit des Körpers ist möglichst zu vermeiden.
  • Je nach Anwendung einer Technik sollte der Bewegungsablauf entweder beschleunigt oder verlangsamt werden.
  • Der Ausübende muss sich über den Sinn und Zweck eines Bewegungsablaufes völlig im Klaren sein.
  • Jede Bewegung muss in realistischer Weise ausgeführt werden, da eine Form ein Kampf gegen imaginäre (scheinbar vorhandene) Gegner darstellt.
  • Angriffs- und Verteidigungstechniken sollten gleichmäßig auf links- und rechtsseitige Bewegungsausführung verteilt und beherrscht werden.
  • Erst wenn eine Poomse vollkommen beherrscht wird, sollte mit dem Lernen der nächsten Form begonnen werden.